Medikalisierung passiert, wenn natürliche Zustände plötzlich zu Krankheitssymptomen missinterpretiert werden. Soziale und gesellschaftliche Probleme können nie behoben werden, wenn man versucht, sie mit Medizin zu behandeln.
Medizin ist die Wissenschaft von Gesundheit und Krankheit des menschlichen Körpers, sowie der Heilung, oder Vorbeugung seiner Erkrankungen. Ärzte sollen Erkrankungen treffend diagnostizieren, über Heilungsalternativen aufklären, passende Medizin verabreichen, sowie Trost spenden und beraten. Chirurgen sollen Dinge in Ordnung bringen, die ein Arzt mit seinen Methoden nicht heilen kann. Für jeden Bereich gibt es den passenden Arzt, aber sie haben alle eines gemeinsam: Sie dienen dem Menschen und der Gesundheit, nicht den eigenen Interessen oder der Marktwirtschaft. Zumindest sollte es so sein.
Medikalisierung gibt Ärzten Macht über Menschen. Damit lassen sich Zustände wie Krankheit, Gesundheit oder Normalität interpretieren, wie es gerade für den Markt benötigt wird.
Medikalisierung ist ein Instrument, dass von Medizinern genutzt wird, um neue Krankheiten zu erfinden. Dadurch werden neue Märkte erschlossen, die mehr Geld in ihre Kassen spülen. Es ist ein großer Unterschied, eine Krankheit zu erfinden oder zu entdecken.
Alle Lebensphasen eines Menschen werden plötzlich medizinisch überwacht: die Geburt, die Pubertät, die Menstruation, die Schwangerschaft, die Menopause, das Altern, das Sterben und der Tod. Nichts ist mehr natürlich. Alles wird als Krankheit gesehen, die behandelt werden muss. Das hat zur Folge, dass die Kosten des Gesundheitswesens immer mehr steigen, die Menschen sich aber trotzdem immer kränker fühlen. Erschöpfungszustände, Traurigkeit, Behinderungen, Unaufmerksamkeit, Schulversagen, Kinderlosigkeit, Impotenz und seelische Erkrankungen, werden behandelt, indem man die Symptome bekämpft. Die Ursachen werden dadurch nicht beseitigt. Auch die Geschlechter oder die Geschlechtszuweisung, die Genitalien und die Sexualität werden als medizinisches Problem betrachtet und so behandelt.
Schlimm genug, gesellschaftliche Missstände mit Chirurgie und Medikamenten heilen zu wollen. Hinzu kommt aber ein ökonomischer Zwang in den Kliniken, möglichst viel zu operieren. Für bestimmte Operationen muss sogar eine vorgeschriebene Anzahl erreicht werden. Während dessen stehen Ärzte oft unter Zeitdruck. Wie häufig kommt es dadurch wohl zu unnötigen Operationen, zu einer Über-Therapie oder zu ärztlichen Kunstfehlern?
https://www.mdr.de/investigativ/warum-op-mindestmengen-in-krankenhaeusern-notwendig-sind-102.html
https://www.raum-und-zeit.com/gesundheit/gesundheitspolitik/
https://www.aerzteblatt.de/archiv/57026/Arztberuf-Widerspruchsgeist-als-kreatives-Element-foerdern
Schmerzmittel werden aggressiv beworben. Es wird der Eindruck erweckt, als würden sie alle Probleme lösen. Früher legte man sich ins Bett, wenn man Kopfschmerzen hatte. Heute nimmt man eine Pille und kann alles mitmachen. Manche Schmerzmittel sind ohne Rezept in der Apotheke frei verfügbar, der Weg zur Schmerzmittelsucht ist nicht weit.
Besonders ältere Menschen bekommen schnell mal einen tödlichen Cocktail von mehr als Fünf verschiedenen Medikamenten verschrieben, statt es zuerst mit Ernährungsberatungen und Bewegungstherapie versucht zu haben.
https://www.tagesschau.de/ausland/opioide-usa-101.html
https://www.n-tv.de/wissen/Jeder-Vierte-nimmt-zu-viele-Medikamente-article18767396.html
Die Medikalisierung der Ästhetik ist ein besonderes Problem. Sie führt zu einer Fülle unnötiger Operationen. Das Leben und das Aussehen der Menschen verbessert sich dadurch nicht wirklich. Viele Menschen können nicht mehr aufhören, sich operieren zu lassen, wenn sie damit angefangen haben. Die Betroffenen sagen selbst, sie seien süchtig nach Schönheits-Operationen. Das zeigt, dass diese Art von Chirurgie nicht die Zufriedenheit erhöht, sondern die Selbstkritik.
Es existieren zu viele grässliche Bilder von dem Wahnsinn sogenannter Schönheitsoperationen. Es ist unglaublich, was Menschen freiwillig mitmachen. Lippen wie Autoreifen, zerstörte Gesichtszüge, unrealistisch aufgeblasene Brüste und Hinterteile, verstümmelte Genitalien. Und alles nur, weil sich die Betroffenen hässlich und unvollkommen fühlen. Dieses Gefühl könnte auf ein tiefer liegendes gesellschaftliches Problem hindeuten. Es könnte ebenfalls durch die aggressive PR eines Schönheitschirurgen ausgelöst sein. Weibliche Genitalien werden abwertend beschrieben und dargestellt. Es wird eine künstliche Norm gesetzt. So wird eine Krankheit generiert, die es gar nicht gibt. Es entsteht bei den Opfern ein Gefühl der Unzulänglichkeit. Danach wird den Opfern die Operation als Lösung des Problems verkauft. Der Chirurg hat eine weibliche Psyche zerstört.
Wenn Medikalisierung, un-ethisches Verhalten und wirtschaftliche Interessen zusammen kommen, dann ist Medizin eine Form von Gewalt.